Können Sie sich bitte zunächst kurz vorstellen, Alice? Bitte sagen Sie uns, wer Sie
sind, wie alt Sie sind, wie Sie dazu gekommen sind, Hunde vorzuführen, und welche
Hunderassen Sie zuhause haben.
© Oleg P. Bochkov
Hallo! Wie Sie bereits wissen, mein Name ist Alice Varchi. Ich lebe in Mailand (Italien)
und bin im Oktober letzten Jahres 19 geworden. Ich studiere an der Universität Mathematik,
Physik und Naturwissenschaften, und bin großer Hundefan. Meine erste Erfahrung mit
Hunden geht auf das Jahr 1997 zurück, als ich mit 6 Jahren einem Dobermann begegnete.
Als ich älter wurde, fing ich an, etwas über die Rasse zu lernen, und mich für andere
Rassen zu interessieren. Ich war höchst entschlossen, zu entdecken, wie Blutlinien
funktionieren, und wie die Selektion erfolgt. In der Zwischenzeit nahm meine Familie
eine schöne Beziehung zu den italienischen Terrierzüchtern "Granlasco-Zwinger" auf,
und es kam der erste Bedlington Terrier, Mehrfachchampion Granlasco Nemo, zu uns.
Im Mai 2006 nahmen wir mit Nemo an der Seveso National Show teil, was meine erste
Hundeausstellung war. Heute habe ich zwei Bedlington Terrier: Mehrfachchampion Granlasco
Nemo und unseren großartigen Sieger und Mehrfachchampion Velvety I Want It All.
Wir haben Sie in vielen europäischen Ausstellungsringen als Junior-Handler starten
sehen. In welchen Ländern haben Sie an Ausstellungen teilgenommen, und was waren
Ihre größten Erfolge?
Von Mai 2006 bis November 2008 habe ich in Italien, in der Republik San Marino,
im Fürstentum Monaco, in der Schweiz, in Österreich, Slowenien, Kroatien, England,
Schweden, Ungarn und Deutschland Preise gewonnen, wobei ich insgesamt 66 mal auf
dem Podium stand. 33 davon waren erste Plätze! Meine größten Siege erzielte ich
2008: Den dritten Platz beim internationalen Pedigree-Junior-Handling-Finale in
Crufts, das von Frau Renee Sporre Willes gerichtet wurde, den vierten Platz beim
von Herrn Peter J. Green gerichteten World-Junior-Handling- Finale, und den zweiten
Platz beim European Junior-Handling-Finale, das von Frau Dorotha Witwoska gerichtet
wurde. Ich durfte als italienischer Junior-Handling-Champion und Gewinner des "Carlo
Speroni Trophy" daran teilnehmen, bin jedoch auch sehr geehrt, dass ich an den International
Final Competitions 2009 als Vertreter des luxemburgischen Kynologenverbands teilnehmen
durfte.
Wie haben Sie mit dieser Karriere begonnen? Wo haben Sie das gelernt?
Bei meiner ersten Hundeausstellung habe ich am Junior-Handling teilgenommen. Ich
wusste eigentlich überhaupt nicht, wie ein Hund vorgeführt wird, habe jedoch versucht,
es herauszufinden, und dabei auf die Ratschläge eines Freundes gehört, und zugeschaut,
was andere Junior-Handler machten. Später habe ich gelernt, was Junior-Handling
ist - ich meine, die Figuren und das Verhalten im Ausstellungsring - in Slowenien
und Österreich. Vom frühen Morgen an war ein Richter verfügbar, in einem eigenen
Ring. Diese Richter waren nicht nur für die Auswahl der Junior-Handler zuständig,
denen sie Noten zu geben hatten, sondern sie unterrichteten uns gleichzeitig! Sie
gaben mir Anregungen und wiesen mich auf meine Fehler hin! Dieser letztgenannte
Teil ist sehr wichtig, weil man aus seinen eigenen Fehlern eine Menge lernen kann,
und wir alle wissen, dass wir nie ausgelernt haben. Manche Länder unterstützen weiterhin
diese Richtweise, und ich denke, es ist ein erfolgreicher Weg, um für die Verbreitung
von Junior-Handling zu sorgen. Den Junioren gehört die Zukunft.
Halten Sie es für einfach, ein Richter für Junior-Handling zu sein?
Keinesfalls! Bei einer JH-Prüfung wird nicht nach dem besten Hund Ausschau gehalten,
auf der Grundlage von gut bekannten Standards. Man kann nicht nur anhand der Qualität
vergleichen. Man sollte genau wissen, wonach zu fragen ist, um wirklich den besten
Junior-Handler zu ermitteln, denn zu diesem Zeitpunkt wählen Sie den besten professionellen
Hundeführer im Ring.
Wie wird Junior-Handling in Ihrem Land organisiert?
Junior-Handling war vor einigen Jahren noch nicht sehr bekannt, doch die Handler
"Made in Italy" haben bei internationalen Wettbewerben stets sehr gute Ergebnisse
erzielt. Zum ersten Mal in der italienischen Geschichte ist nun ein italienischer
Junior-Handling-Verein am Entstehen. Er wird von Junior-Handlern, ehemaligen Junior-Handlern,
Eltern und Fans gegründet. Er ist noch "im Aufbau", doch wir hoffen stark, dass
er einen großen Erfolg verzeichnen wird. Was unser Auswahlverfahren anbelangt, so
bekommen wir bis zum 6. Platz Punkte, und die Teilnehmer jeder Region mit den drei
besten Ergebnissen nehmen am nationalen Finale teil, das normalerweise im Januar
bei der großen Ausstellung in Mailand stattfindet.
© Svetlana Valoueva
Welche Rassen haben Sie bei diesen Wettbewerben vorgeführt?
Ich bevorzuge hauptsächlich kleine Hunde wie Terrier, Dachshunde und Zwergschnauzer.
Sie sind für die Figuren leicht zu handhaben. Ich kann jedoch nicht verhehlen, dass
ich auch gerne Vorstehhunde und Jagdhunde in großen Ringen vorführe, in denen man
fliegen, fliegen, fliegen und... fliegen kann!
Was ist Ihrer Meinung nach die wichtigste Eigenschaft, die einen guten Junior-Handler
ausmacht?
Vor allem könnte man hervorheben, wie zuvor gesagt, dass ein Junior Handler ein
künftiger professioneller Hundeführer ist, und sich wie ein professioneller Hundeführer
zu verhalten hat! Er sollte wissen, was in einem Ring zu tun ist, da die Richter
auf die besten Vorführtechniken achten. Ich war jedoch immer der Ansicht, dass es
eine wichtige Eigenschaft gibt, die bei einem guten Junior-Handler den Blick auf
sich lenkt, und anhand derer man erkennt, wer in einem Wettbewerb insgesamt am besten
ist: diese "Fähigkeit" besteht in einem großartigen Kontakt mit dem Hund. Jeder
kann die Leine ergreifen und in den Ring gehen, doch zum Vorführen ist Feeling erforderlich.
Und nur mit genug Feeling können Sie lediglich als Hintergrund für Ihren Hund fungieren,
so dass Ihr Hund im Rampenlicht steht. Darin besteht das Handling.
Man hört vielfach, dass die Eltern oft Anlass für Spannungen im Sport sind. Sollten
die Eltern zum Junior-Handling ermutigen, oder dies den Junioren überlassen? Bitte
erzählen Sie uns von Ihrer Erfahrung.
Was Sie da sagen ist vollkommen richtig, jedoch gibt es Eltern und Eltern. Meiner
Meinung nach sollten sie ihren Kindern helfen und sie unterstützen, wie in allen
Lebenslagen, aber natürlich auf die richtige Weise. Junior-Handling soll Spaß machen,
die Eltern dürfen daraus nicht etwas machen, das die Junior-Handler unter Druck
setzt. Ihre Rolle besteht in einer Erziehung, die das Junior-Handling genau wie
jede andere Sportart fördert: Vielleicht verlierst du, vielleicht gewinnst du. Dabei
lernen die Jugendlichen, selbständig und im Team zu arbeiten. Die Kinder und Jugendlichen
werden andere gleichaltrige Jungen und Mädchen aus verschiedenen Ländern treffen,
und sie werden viel über Hunde lernen, und wie man sie lieben kann. Ich hatte diesbezüglich
großes Glück: Mama und Papa haben mich fast immer bei meinen Ausstellungsabenteuern
begleitet, wir waren neu in der Hundewelt, und haben sie gemeinsam Schritt für Schritt
entdeckt.
Heutzutage führen Sie Hunde auf professioneller Basis vor, Sie übernehmen selbst
das Grooming und die Ausbildung. Als Sie noch Junior-Handler waren, haben Sie sich
um das Grooming gekümmert?
Nun, nicht immer! Sobald ich mit den Ausstellungen begonnen habe, habe ich an Grooming-Kursen
teilgenommen, so dass ich bereits meine Bedlies gegroomt habe - Sie können sich
vorstellen, wie ein fünfzehnjähriges Mädchen ihre Hunde "auf professionelle Weise"
groomen kann... Jedenfalls habe ich immer mein Bestes gegeben! Doch ich ging mit
vielen Hunden in den Ring, und wenn ich nach einer neuen Rasse suchte, um sie beim
JH vorzustellen, wusste ich fast gar nichts über ihr Grooming. Freundliche Züchter
und professionelle Hundeführer haben mir beigebracht, wie man Hunde groomt. So wurde
normalerweise beim ersten Mal der Hund für mich vorbereitet, und ab dem zweiten
Mal versuchte ich, ihn selbst vorzubereiten.... mit etwas Hilfe von erfahreneren
Augen . Auf diese Weise habe ich das Hunde-Grooming erlernt.
Haben Sie zuvor schon einmal als Assistentin für einen professionellen Hundeführer
gearbeitet?
Ich habe oft und vielen verschiedenen Hundeführern geholfen - und ich helfe auch
weiterhin bei Bedarf meinen Freunden. Es begann damit, dass ich ihre Hunde Gassi
führte, darauf folgte die Vorbereitung für den Ring, und letztendlich das Vorführen
selbst. Ich habe jedoch nie wirklich als Assistentin gearbeitet.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Ich weiß noch nicht genau, was die Zukunft an der Universität für mich bereit hält.
Ich studiere so viele Themen in Verbindung mit der Tiergenetik und der Natur, die
ich sehr liebe. Ich muss nur noch entscheiden, welchen Weg ich gerne einschlagen
möchte, doch er könnte mit Kynologie und den damit verbundenen Bereichen zu tun
haben. In der Zwischenzeit werde ich natürlich weiterhin an Ausstellungen teilnehmen,
was meine größte Leidenschaft ist. Darüber hinaus möchte ich weiter viel über die
Zucht lernen, denn eines meiner größten Ziele besteht darin, eine gute und anerkannte
Züchterin zu werden... und vielleicht werde ich es eines Tages in Erwägung ziehen,
Richterin zu werden. Doch bisher ist es gut so, wie es ist!
Wir danken Ihnen für dieses Gespräch, Alice, und wünschen Ihnen für Ihre nächste
Ausstellung viel Glück!
Es war mir ein Vergnügen! Ich wünsche den Junior-Handlern viel Glück!
Interview: Karl Donvil Und Svetlana Valoueva